Der Jesus-Deal. Andreas Eschbach. 736 Seiten. Verlag: Bastei Lübbe (Lübbe Ehrenwirth). Oktober 2014. ISBN-13: 978-3431039009
Dieser Roman beginnt dort, wo „Das Jesus-Video“ aufhört, und endet, wo „Das Jesus-Video“ beginnt. So der Autor auf seiner Homepage.
Wir erinnern uns: Im Roman „Das Jesus-Video“ wird eine Gebrauchsanweisung ausgegraben, die aus unserer Zukunft stammen muß, da die dort beschriebene Video-Kamera noch nicht erfunden worden ist. Es muss deshalb aber Film-Material aus einer fernen Vergangenheit geben: nämlich aus der Zeit als Jesus von Nazareth auf Erden weilte.
Diese Video-Cassette ist ein Gegenstand der Handlungen am Anfang von „Der Jesus-Deal“. In einem Amerika im Dunstkreis des Evangelikalismus stellt solch ein Film natürlich brisantes Material dar. Doch dieser Speicher ist nur eine Ausprägung dessen, was im Roman geschehen wird. Die Cassette ist der Beweis, dass Zeitreisen möglich und schon geschehen sind. Die Durchführung solch einer Reise in die Vergangenheit in die Zeit Jesu ist das Ziel der Planungen von Samuel Barron.
Sein Sohn Michael versucht ein normaler Junge bzw. junger Mann im Hause seines Vaters Samuel zu sein. Dies ist auch ob des unglaublichen, nicht näher beschriebenen Reichtums, über den die Familie verfügen kann, recht schwer. Nichts erscheint unmöglich, aber das Geld wird seitens seines Vaters immer zielgerichtet und durch seinen eigenen Glauben abgesichert ausgegeben. Da bekommt schon einmal ein Obdachloser 100 Dollar – in kleinen Scheinen, damit er kein Ärger mit der Polizei bekommt. Privatjets werden aber gemietet, da sich ein eigener nicht lohnt, obwohl er durchaus finanzierbar wäre.
Michael hat mit dem Glauben der ihn umgebenen Menschen und vor allem seines Vaters Samuel Barron, der wie ein biblischer Patriarch auftritt und seiner eigenen „sündigen“ Einstellung große Probleme. Teils möchte er seinem Vater gefallen und verstehen, bekommt aber mit seinen Fragen keinen Zugang zu ihm. Er möchte ihm widersprechen, hat aber nicht die Kraft für eine direkte Konfrontation. Sein Bruder Isaac widersetzt sich gegen die Anordnungen des Vaters und wird dafür verstoßen. Sein Name wird aus Haus und Familie getilgt. Michael selbst tut in seiner Jugend Dinge, für die er sich verantworten müsste, aber den Mut nicht aufbringt. Dies hat für ihn zunächst keine direkten Konsequenzen, aber für die Menschen in seinem Umfeld.
Zum Erreichen des Zieles werden geheime Labore und eine Vielzahl von Wissenschaftlern bezahlt. Schließlich ist es soweit. Alle Vorbereitungen laufen und in sieben Jahren soll eine Zeitreise in die ferne Vergangenheit stattfinden können. Michael und vier weitere junge Männer kommen in ein privates Trainingslager, wo sie die Sprachen der Vergangenheit und alle Fähigkeiten erlernen, die sie für ein Überleben in der Vergangenheit vor 2000 Jahren benötigen. Michaels Bruder Isaak war für diese Mission vorgesehen, doch er sah sich das Video aus der Vergangenheit an und war somit laut seinem Vater nicht mehr brauchbar für diese riskante Mission. Isaak hatte sich verändert. Die Teilnehmer der Zeit-Expedition sollten aber unvoreingenommen sein und sollten das Video nicht sehen. Durch die Betrachtung des Films war dies für Isaak nicht mehr gegeben. Michael verstand die Vorgabe seines Vaters und trat den freigewordenen Platz für Isaak an. Der Vater Samuel konnte aus gesundheitlichen Gründen selbst nicht teilnehmen und auf die Rückkehr warten. Die Expedition in die Vergangenheit sollte nicht nur beobachten, sondern aktiv in das Geschehen eingreifen. Samuel Barron wollte unterdessen in der Gegenwart tätig werden und durch seine Macht und sein Geld das biblische Szenario des Armageddon initiieren. Denn dann würde Jesus wieder auf die Erde zurückkehren und die Menschen richten.
Andreas Eschbach kann natürlich nach einem Dutzend Romane auf eine große Professionalität für solch einen Thriller zurückgreifen. Dies merkt man dem Buch an. Jeder Satz erscheint wohlüberlegt und bewusst an die richtige Stelle gesetzt. Eschbach weiß, welche Hinweise er dem Leser frühzeitig geben muß, um Spannung aufzubauen, um ihn zum Weiterlesen zu zwingen oder aber um ihn auf eine falsche Fährte zu locken.
Bei anderen Autoren mit einer großen Anzahl von geschriebenen Romanen führt dies dazu, dass sich gepflegte Langeweile ausbreitet. Eine nicht so starke Idee wird bei ihnen auf mehreren hundert Seiten lang und breit ausgerollt. Nicht so bei Eschbach. Das gewählte Thema der Zeitreise bietet genügend Stoff für viele Seiten Spannung. Eschbachs Theorie zur Zeitreise ist spannend und auch überraschend. Die Handlung bekommt dadurch neue Akzente und er findet die richtigen Worte, um dies alles zu erklären.
Allerdings wirkt der Roman an einigen Stelle doch zu konstruiert. Zum Ende hin gibt es allerdings noch eine Wendung, die wieder die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich zieht. Wir haben stärkere Romane von Eschbach gelesen, wobei „Der Jesus-Deal“ von der Thematik an sich und dem Vorgänger „Das Jesus-Video“ zehren kann. Es macht für viele Leser durchaus Sinn, „Das Jesus-Video“ vorab zu lesen, doch die Charaktere, die in beiden Romanen vorkommen, haben sich zwischen den beiden Büchern sehr verändert – Eschbach erklärt auch, warum. Der Roman ist dadurch aber auch alleine zu lesen, die wichtigsten Ereignisse aus dem „Jesus-Video“ werden während des Textes erläutert.
Als SF-Thriller ist der Roman okay, aber manchmal nicht überraschend genug.