Score von Martin Burckhardt. Knaus 2015. 352 Seiten. ISBN 978-3813506433
Deutschland im Jahr 2039. Die Gesellschaft ist nicht die, die wie heute kennen. Die Firma Nollet hat die Aufgaben der Staatsmacht übernommen. Nollet war eine Spielefirma und ist nun für das soziale Zusammenleben und die Volkswirtschaft zuständig. Für den täglichen Umgang mit Menschen ist ein Punktesystem eingeführt worden: Der Score. Interaktionen werden belohnt oder bestraft. Ein Lächeln bringt Punkte, eine negative Anmache führt zu Verlusten. Nollet entwickelt die Parameter des Lebens in dieser sorgenfreien Welt, die sich selbst organisiert. Eine komplette Vernetzung sorgt für die Verfügbarkeit von Informationen zu jeder Zeit, an jedem Ort. Diese heile Welt ist von der Zone umgeben, in der die Menschen leben, die nicht in der digitalen vernetzten Welt leben worden. Gewalt, Haß und Terror herrschen hier. Der große Krieg zeigt hier noch sein grausames Gesicht.
Der Protagonist Damien ist glücklicher Bestandteil der heilen Welt. Dich aus dieser wird er durch den Selbstmord eines Kollegen herausgeworfen. Er betritt die Zone und sieht die Schattenseiten des Lebens.
Die Welt, die der Autor in diesem Roman entwirft, ist in sich schlüssig, wenn auch die Idee, dass eine Spielefirma die Regierungsgewalt übernimmt und mehr noch das gesamte soziale Leben bestimmen soll, eine auf dem ersten Blick schräg wirken mag. Lässt sich der Leser darauf ein, so wird er von vielen Ideen, die auch heute schon denkbar sind, fasziniert. Die beschriebene Technologie ist nachvollziehbar und in sich stimmig. Vieles gibt es heute schon oder ist für die nahe Zukunft vorstellbar. In dieser von Nollet durchkonstruierte Welt geschieht das unvorstellbare: Ein Selbstmord. Das haben die System nicht vorhergesehen und dadurch nicht verhindern können. Damien wird mit dem „echten“ Leben konfrontiert, was ihn zunächst aus der Bahn wirft. Dann akzeptiert er aber die neue Situation und versucht, den Fall aufzuklären. Er erfährt Dinge, die an den Grundfesten seines Daseins rütteln.
Das Setting ist gut beschrieben und glaubhaft. Die Story wird aber leider nach zu kurzer Zeit zu vorhersehbar, was der Spannung abträglich ist. Die Charaktere wirken zu blass und der Autor verspielt viel Potential, das in der Handlung stecken würde. Das enttäuscht ein wenig.
Der Roman ist dennoch sehr unterhaltsam und bereitet Vergnügen beim Lesen.
Der Autor (Informationen der Verlagsseite):
Martin Burckhardt, geboren 1957, lebt in Berlin. Er war Verleger, ist Audio-Künstler, Essayist, Kulturtheoretiker und Programmierer. Als solcher gestaltete er das viel beachtete interaktive »Mystery Game« TwinKomplex. Zuletzt erschienen: „Eine kleine Geschichte der großen Gedanken. Wie die Philosophie die Welt erfand“ und „Digitale Renaissance. Manifest für eine neue Welt“. „Score“ ist Burckhardts erster Roman.