Die Truppe um ihren Mastermind „Der Graf“ hatte es mit dieser CD auf Anhieb geschafft, in die Verkaufs-Charts von 0 auf Platz 13 zu kommen und das, obwohl die Band nun mal keine maßentaugliche konsumentenfreundliche Musik macht.
Wie ist „Unheilig“ denn nun musikalisch einzuordnen? Es ist eine Mischung aus Wave, Gothic und Rock. Schlagzeug und Bass kommen komplett aus der Maschine (auch bei Live-Auftritten), dazu Gesang, Keyboard und E-Gitarre. Die Texte sind deutsch und zum Teil sehr persönlich geprägt, bilden die Welt des Grafen ab und es lohnt sich immer, sich eigene Gedanken darüber zu machen. Dabei werden auch die emotionalsten Texte nie kitschig, sondern bleiben immer glaubwürdig.
Ein geschicktes Marketing und fast ein Jahr ziemliche Abstinenz vom Publikum hat alle Fans auf die Scheibe ungeduldig warten lassen. Die publikums- und fannahe Gruppe um den Sänger Graf hat es geschafft, ein spannendes Album kreieren, das an die vorangegangenen anschließt und doch die Themen auch musikalisch konsequent weiterentwickelt. Gut getan hat dem Album, dass erstmalig die Live-Musiker Henning Verlage (Tasteninstrumente) und „Licky“ (Gitarren) komplett am Einspielen der CD beteiligt gewesen sind.
Hier die Titelliste:
1. Vorhang auf
2. Puppenspieler
3. Spiegelbild
4. Dein Clown
5. Sei mein Licht
6. Fang mich auf
7. Feuerengel
8. Kleine Puppe
9. An deiner Seite
10. Die Bestie
11. Lampenfieber
12. Wie viele Jahre
13. Glaub an mich (BONUSTRACK)
14. Spielzeugmann (BONUSTRACK)
15. Der Vorhang fällt
16. Memoria (instrumental)
Das erste und das letzte Stück sind wie bei den letzten „Unheilig“-Alben eine Art Klammer. Wenn der letzte Song zu Ende geht, schließt sich der erste quasi wieder nahtlos an.
Die rockigen Stücke der CD sind deutlich härter als auf den Vorgängeralben. Die Gitarre ist viel präsenter, die Rhythmen druckvoller. Das Stück Lampenfieber könnte auch von „Rammstein“ eingespielt worden sein. Dafür sind die Balladen musikalisch besser ausgearbeitet und unterstützen mit interessanteren Harmonien und Läufen den eindrucksvollen Gesang vorbildlich.
Das Album ist durchaus als Konzeptalbum zu betrachten. Hauptthema ist das Puppenspiel und die beteiligten Akteure, der Puppenspieler und seine Marionette. Das Kreuz des Puppenspielers und die Fäden an Händen und Beinen finden sich als Bild in mehreren Stücken. Hier wechseln im Album die Sichtweisen zwischen dem Puppenspieler, der die Marionette lenkt und der Puppe, die an den Fäden hängt und sich nicht selbst bewegen kann. Der Marionettenspieler hat die Geschicke in der Hand, lenkt seine Figuren und bestimmt deren Leben. Auch wenn die Puppe sich wehrt, scheint der Puppenspieler die absolute Macht über das Leben und Wirken der Marionette zu haben. Einige Titel sind aus der kleinen beschränkten Welt der Puppe beschrieben. Ein Ausbrechen scheint nicht möglich, die Fäden lassen keine Freiheit zu. Und doch schafft es eine Puppe sich von den Fäden zu befreien und ein eigenes Leben zu leben …
Meine Favoriten auf diese Scheibe sind die rockigen Stücke „Puppenspieler“ und „Spiegelbild“ und von den Balladen das mitreißende Stück „An deiner Seite“. Wie auf der Homepage von Unheilig zu lesen ist, ist dieses Lied ein sehr persönliches. Es handelt von dem unvermeidlichen bevorstehenden Abschied von einem Freund.
Bei der Fanbefragung auf der Homepage der Band stehen „Spiegelbild“ und „An deiner Seite“ fast gleichauf auf den Toppositionen für eine Single-Auskopplung.
Ein absolut hörenswertes Album, das mit jedem Hören besser bin. Es finden sich immer wieder neue Facetten. Es bleibt zu hoffen, dass „Unheilig“ damit einem breiteren Publikum zugänglich wird, denn der Graf ist ein absolut liebenswerter Typ, der für seine Fans immer Zeit für ein Wort, für ein Autogramm und ein gemeinsames Foto hat. Das Stück „Der Vorhang fällt“ auf diesem Album letztendlich ist ein Dankeschön an seine Fans, ohne die – so der „Graf“ „Unheilig“ nicht zu dem geworden ist, was die Band heute ist.