Der dunkle Wald von Cixin Liu. Heyne 2018. 816 Seiten. ISBN: 978-3453317659.

Der dunkle Wald ist der zweite Teil der Trisolaris-Trilogie. Während im ersten Band noch die Beschreibung der exotischen außerirdischen Zivilisation im Mittelpunkt stand, schildert dieser Teil die Reaktion der Menschheit auf die sich nähernde Invasionsflotte. Die Trisolaner haben ihr kompliziertes Sonnensystem verlassen und wollen sich auf der Erde niederlassen. In Anbetracht der Invasion beginnen die Menschen Gegenmaßnahmen zu treffen. Doch die von Trisolaris gesandten Sophonen, durch Quantenverschränkung mit der Heimatwelt kommunizierende Supercomputer berichten quasi live von der Erde und beeinflussen den wissenschaftlichen Fortschritt. Deshalb werden vier „Wandschauer“ benannt. Dies sind Menschen, die im Geheimen Ideen entwickeln sollen, um dem bevorstehenden Angriff zu wiederstehen. Man hat ja noch einiges an Zeit. Einer von diesen erlebt durch das Versetzen in Kälteschlaf die Zukunft der Menschheit. Es ist durchaus eine strahlende Zukunft. Die Technik hat sich nicht viel weiterentwickelt, dennoch konnte eine große Flotte gebaut werden, die sich dem Gegner entgegenstellen soll. Die neuen Menschen an Bord der Schlachtschiffe sind siegessicher. Die Menschheit hat sich in verschiedene Zweige aufgeteilt. Da sind die Weltraummenschen, die im All an Bord der Schiffe geboren worden und aufgewachsen sind. Sie sind an das Leben dort angepasst, schlank und gesund. Unter der Oberfläche der Erde leben die anderen Menschen in Städten, die wie Bäume gebaut worden sind. Die erwachten Kälteschläfer hingegen zieht es auf die Oberfläche des Heimatplaneten. Mental und seelisch hat sich die Menschheit weiterentwickelt. Die Kommunikation mit den Schläfern ist nicht ganz einfach für sie. Und auch die Schläfer wissen nicht, ob sie die Entwicklung der Menschen gut finden sollen.

Dann erreicht eine Vorhut in Form eines kleinen Satelliten das Sonnensystem…  

Cixin Liu beginnt seine Trilogie in der Vergangenheit der Kulturrevolution und schildert die Entwicklung Menschheit unter dem Eindruck einer außerirdischen Bedrohungslage. Die Wandschauer, vier Wissenschaftler mit außerordentlichen Befugnissen und Möglichkeiten sollen jeder für sich eine Verteidigungsstrategie entwickeln. Schon diese Idee bietet Stoff für spannende Schilderungen. Doch es funktioniert nicht wirklich, wie es geplant gewesen ist. Die Menschheit entwickelt und verändert sich. Nach anfänglicher Angst wird der Mensch selbstbewusster und beginnt an den Sieg zu glauben. Doch so manche Überraschung erwartet ihn.

Der Autor entwickelt viele Ideen, die so noch nicht in der westlichen SF geschildert worden sind. Der kulturelle Background ist ein anderer. Im Roman finden sich viele Spielarten der Science-Fiction: Hard-SF, Social-SF, Military-SF usw. Dadurch kann der Roman wie die gesamte Trilogie auch nicht einfach in eine Schublade gesteckt werden.

Der zweite Band ist langsamer erzählt als der erste, der durch die Schilderung der Trisolaris-Zivilisation sehr viel Exotik beinhaltete. Der zweite Band schildert die Menschheit auf ihrem Weg in die Zukunft und er beschreibt, wie die Menschen jeder für sich mit dieser Reise umgehen. Die Charaktere der Kälteschläfer sind dabei immer feiner ausgearbeitet als die der Menschen der Zukunft. Der Protagonist trifft für dich und die Menschheit Entscheidungen, die anfangs oft schwer zu verstehen sind, später sich aber erklären. Der Leser aus der heutigen Zeit und die Menschen der Zukunft haben dabei das gleiche Problem, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Moral, Anstand und Ehrlichkeit werden nicht von jeden Menschen gleich gesehen.

Der Autor verlangt dem (westlichen) Leser eine Menge ab. Bei aller Länge ist der Roman dennoch nicht langatmig. Der Roman ist keine leichte Unterhaltungslektüre, sondern fordert den Leser. Wer sich darauf einlässt, wird eine Menge Spaß haben und viel Material zum Nachdenken.  

Von Ralf

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