Theresa Hannig – Pantopia
2022, Klappenbroschur, 464 Seiten, Fischer-Tor, ISBN-13: 978-3596706402
Patricia Jung und Henry Shevek sind zwei junge Software-Entwickler, die bei einem Unternehmen in einem Wettbewerb eine Trading-Software erstellen sollen, die schnell und dynamisch und intelligent auf den Markt reagieren kann und immer den größten Nutzen für den Anleger erzielen soll. Dabei geben sie sich ethische Ziele wie z.B. Nachhaltigkeit, keine Investitionen in Waffen etc.
Ihre Software steht in einem Wettkampf gegen andere Teams und wer am Ende des Tages die größte Wertsteigerung des Portfolios erzielen kann, gewinnt. Doch sie sind meistens nicht bei den Gewinnern und stellen bei der Fehlersuche einen Bug in ihrem Code fest. Doch dieser Fehler ist folgenreich, denn durch ihn erwacht die erste starke KI. Die beiden Entwickler sind hin und her gerissen, was sie nun unternehmen sollen. Sollen sie ihren Erfolg den Vorgesetzten melden? Doch sie können sich ausmalen, was dann geschehen wird. Die KI würde wirtschaftlich genutzt werden und das höchstwahrscheinlich nicht in ihrem Sinne.
Sie verlassen also das Unternehmen und schmieden einen Plan. Zusammen mit der immer stärker werdenden KI, die sich den Namen Einbug gegeben hat, wollen sie eine neue Gesellschaft begründen, die die Nachteile der jetzigen hinter sich lässt. Schnell bekommt diese Idee einen Namen: Pantopia. Eine Welt ohne Nationalstaaten mit zufriedeneren Menschen.
Einbug generiert Geld durch das, was das Programm ursprünglich tun sollte. Mit schnellen globalen Transaktionen werden schnell große Gewinne gemacht. Dieses Geld soll den Menschen zugute kommen. Diese werden mit dem Versprechen eines bedingungslosen Grundeinkommen mit den Zielen von Pantopia bekannt gemacht. Schnell verbreitet sich diese Ideologie über den ganzen Erdball ohne missionarischen Druck aufzubauen.
Wie man sich denken kann, widerstrebt dies den Führern der Nationalstaaten, aber auch den wirtschaftlich Mächtigen.
Einbug ist in Gefahr und soll an einem geheimen Ort versteckt werden und weiter wachsen, um dann unbesiegbar zu werden und die Idee für die ganze Welt und alle Menschen zu verteidigen.
Theresa Hannig hat hier einen politischen Thriller und eine Utopie im wahrsten Sinne des Wortes geschrieben. In kurzweiliger Form und mit viel Geschwindigkeit nimmt die Geschichte Fahrt auf und es gelingt ihr diesen Spannungsbogen bis zum Schluss hochzuhalten. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht die menschlichen Charaktere, sondern die durch Zufall entstandene KI Einbug. Als Leser werden wir auf ein Reise von der Entstehung bis zu ihrem neuen Erwachen an dem geheimen Ort. Sie entwickelt sich rasend und hat einen ungeheuren Wissensdurst. Doch auch der Versuch, die menschliche Natur zu verstehen, um den Menschen zu helfen wird gut dargestellt. Einbug wird dabei zu einem Charakter, einem besseren Menschen. Einbug sieht nicht seinen Vorteil, sondern möchte helfen und ist damit ab einem Punkt besser als ein Mensch.
Die politischen Ideen werden nicht mit dem Dampfhammer oder dem erhobenen Zeigefinger einer lehrerhaften Autorin vermittelt, sondern subtiler ohne besserwisserischen Hintergrund. Das ist, was das Buch ausmacht. Eine Menge neuer Ideen, die anfangs als Hirngespinst dastehen, dann aber Möglichkeiten der Umsetzung aufzeigen. Vielleicht denken wir wirklich viel zu umständlich und müssen von einer zunächst einfältig erscheinenden KI eines besseren belehrt werden. Vielleicht ist alles ganz einfach.
Dieser Roman ist sehr stark und wird sicherlich auf den Preislisten der phantastischen Literatur zu finden sein.