Urlaubscon und Meer – Der SFCD-Jahrescon in Kiel. Für die, die es nicht wissen: Con ist die Kurzform von Convention. Also eine Zusammenkunft von Interessierten. Es gibt Media-Cons wie die FedCon (hier heißt es „die“ Con) und literarische Cons wie der PentaCon in Dresden und der ElsterCon in Leipzig, der DortCon in Dortmund und der ColoniaCon in Köln, der HanseCon in Lübeck, der BuchmesseCon in Dreieich und der MucCon in München. (Man sieht, hier heißt es „der“ Con).

Vom 20. Juli bis zum 22. Juli fand also der diesjährige Jahrescon des „Science Fiction Club Deutschland“ (Der SFCD, so die Abkürzung, ist der älteste (fast 60 Jahre alt) Verein in Deutschland, der sich mit Science Fiction (SF) beschäftigt) statt. Diesmal in Kiel. Also für die meisten „im hohen Norden“. Ich musste ja nur „quer“ vom Ammerland rüber fahren. Doch es summierten sich doch schon fast 300 km pro Strecke. Ich fahre zu Cons gerne mit der Bahn, doch hatte ich so viel an Gepäck und Gedöns (Beamer, Leinwand, Stative, Notebooks, Bücherkiste, Schallplattenkiste…) mit, dass nur die Anreise mit dem Auto sinnvoll war. Also Kofferraumklappe auch und Tetris spielen. Ich hätte mir eine Packliste schreiben sollen… (Doch dazu noch später). Von Marc und Anissa kamen kurz vor dem Con noch einige Orga-Mails. War eigentlich das SF Diner Kiel der Veranstalter, so organisierten doch die Heinrichs am Ende alles.

Ich übernachte gerne – soweit es möglich ist, in der Con-Location (der Ort, an dem der Con stattfindet)  oder möglichst nahe bei. Da dieses Jahr der Con in der Jugendherberge in Kiel stattfinden sollte, habe ich dort ein (Einzel-)Zimmer mit Frühstück gebucht. Auch in der Annahme, dass vor Ort weitere Verpflegung dazugekauft werden kann. Also nach fast 40 Jahren zum ersten Mal wieder eine Übernachtung in einer JH. (Nicht zu verwechseln mit HJ!)

Ich hatte nach Absprache mit Marc zwei Panels vorbereitet: Eine Visualisierung eines Artikels mit dem Titel „Fantasy und SF“ (Deshalb die Kiste mit den Schallplatten. Ich erkläre nicht, was eine Schallplatte ist. Schaut nach bei Wikipedia.) und „Ökonomische Themen in der Science Fiction“. Diesen Vortrag hatte ich schon letztes Jahr auf dem BuchmesseCon in Dreieich gehalten bzw. gnadenlos überzogen. (Deshalb die Kiste mit den Büchern.)

Dazu kam die ganze Organisation für die Mitgliederversammlung des SFCD, die auch immer auf dem Jahrescons stattfinden muss. Satzung ist Satzung. Anwesenheitsliste, Tagesordnung, Anträge etc. galt es hier auszudrucken.

Als eine weitere eher entspannte Aufgabe sah ich als Komiteemitglied des „Deutschen Science Fiction Preises“  in der die Teilnahme an der Verleihung eben dieses Preises. Anzug anziehen und ernste Miene machen. Es kam aber anders.

Drei Tage vor der Abreise nach Kiel erfuhr ich, dass nur drei Mitglieder des Preiskomitees anwesend sein werden. Also wohl eine Aufgabe mehr.

Auf dem SFCD-Jahrescon wird auch der Curd-Siodmak-Preis für den besten Kinofilm und die beste Fernsehserie verleihen. Hier musste ich schon eine Woche vorher, dass ich die Vorort-Auslosung organisieren durfte, da jener, der sonst immer die Organisation übernimmt, nicht zum Con kommen konnte. Also eine Aufgabe mehr. Zettel ausdrucken, auf dem Con verteilen, auswerten und präsentieren. Einen Tag vor Abreise fiel ihm dann noch ein, dass der Preis, eine „Duncan Jones Edition – Blu-ray-Steelbook“ (Duncan Jones Edition – Steelbook [Blu-ray]) noch nicht bestellt sei. Nun denn. Flugs beim größten Versender eine bestellen und als Lieferadresse die Jugendherberge angeben. Wird schon klappen.

Ebenfalls zwei Tage vor Abfahrt durfte ich erfahren, dass der 1. Vorsitzende des SFCD auch nicht zum Con kommen konnte. Sein Rechenschaftsbericht, den ich verlesen sollte, erreichte mich 4 Stunden 10 Minuten vor Beginn der Versammlung, die am Sonntag um 9:30 Uhr beginnen sollte.

Einen Tag vor der Abreise irritierte mich noch der Hinweis auf der Con-Homepage, dass jeder einen Jugendherbergsausweis benötige, der dort übernachten wolle. Doch eine kurze Mail an die JH brachte Gewissheit, dass die Mitgliedschaft des SFCD im Deutschen Jugendherbergswerk ausreiche. Etwas irritierte mich doch, dass Kiel in der Dachorganisation zum Landesverband „Nordmark“ gehört…

Es wurde also Freitag, ohne dass noch weitere Mails mich erschüttern konnten. Nach einem entspannten Frühstück zuhause und dem Tetris-Spielen mit den mitzunehmenden Utensilien ging es auf die Autobahn. Zu den Klängen von Pink Floyds Live-Album „The Wall“ (Is There Anybody Out There? The Wall live 1980/81) – unterbrochen vom Verkehrsfunk –  näherte ich mich dem Con-Ort. Ich hatte Glück. Alles genannten Staus hatten sich aufgelöst, als ich mich den entsprechenden Autobahnabschnitten genähert hatte.

In Kiel fuhr ich zuerst zur Jugendherberge. Dort zeigte man mir sogleich einen kostenlosen Dauerparkplatz. Fing doch schon mal gut an! Bei der Anmeldung bekam ich als erstes einen Umschlag ausgehändigt: Per Post waren die Mappen für den DSFP rechtzeitig angekommen. Puh! Meine Nachfrage nach einem Päckchen mit der Box war negativ. Also noch nicht angekommen. Macht nichts. Der Preis wird erst am nächsten Tag verliehen.

Die Jugendherberge war schon etwas älter, hatte aber ihren Reiz. Ich stellte später fest, dass sie neun Tage nach meiner Geburt in Betrieb gegangen ist; also auch schon die 50 Lenze überschritten hat. Das Zimmer lag im Turm. Über eine recht enge Wendeltreppe gelangte ich – beladen mit Bettwäsche und Handtücher, die es unten stapelweise zum Mitnehmen gab – dorthin. In drei Schüben holte ich die Sachen aus dem Auto. Dann klopfte es an der Tür. Das Päckchen mit der Blu-ray war da. Prima!

Das Zimmer hatte ein Etagenbett. Ich benötigte eine kleine Weile, um zu entscheiden, oben oder unten zu schlafen. Schließlich bezog ich das untere Bett.

Das Zimmer hatte eine gute Größe und sogar einen Nebenraum! Dusche und Toilette galt es mit einem anderen Zimmer auf der Etage zu teilen. Es fühlte sich wie Abenteuerurlaub an.

Nachdem alles verstaut war, fragte ich nach dem Weg in die Innenstadt. Dieser war recht kurz über eine Fußgänger- und eine legendäre Klappbrücke. (Wie Marc später erklärte: Klappt sie oder klappt es nicht…)

Das Viertel, in dem die JH liegt, ist, um es einmal vorsichtig auszudrücken, eine typische Gegend mit sozialen Brennpunkten. Die Innenstadt hat den betonalen Charme vergangener Bausünden. Beeindruckend war, dass die großen Fähren quasi mitten in der Stadt festmachten. Es gab ein paar gut bestückte Antiquariate und etwas zu essen. Das mit dem zeitigen Essen war auch gut so, denn in der JH konnte man dieses nicht – außer man hatte es vorbestellt.

Als ich wieder bei der Con-Location angekommen war, waren auch schon die Veranstalter und die ersten Besucher anwesend. Also den restlichen Krempel in den Keller gebracht. Ich hatte Marc versprochen, dass ich einen Raum mit Sound und Bild sprich Beamer ausstatten würde. Bis zu meinem Fantasy/Musik-Vortrag blieb noch etwas Zeit und so konnte die Technik auch getestet werden.

Die Räume hießen „Scheer“ und „Darlton“ – nach den Begründern der Perry Rhodan-Serie. Allerdings war ein „r“ bei letzterem verloren gegangen und musste handschriftlich ergänzt werden. So wurde der Raum schnell zum „Gebrüder Dalton“-Raum (siehe Lucky Luke).

Die  Räume und Tische waren mit selbstentworfenen Retro SF Postern und Bannern sehr schon geschmückt und das Con-Badge (das Namensschild) war ein künstlerischer Genuss. Es gab eine Con-Tüte mit Comics und einem antiquarischen Buch. Eine wirklich schöne Idee! Dazu bekam jeder ein Programmheft.

Marc hielt eine launige Eröffnungsrede und verschreckte gleich die Besucher. Bier gibt es erst ab 20:00 Uhr, ab 22:00 Uhr ist Nachtruhe und um 1:00 Uhr werden die Türen der JH geschlossen. Aber es war dann alles halb so schlimm.

Mein Programmpunkt war dann schön besucht und es gab etwas zu schauen und auf die Ohren: Von Prog- bzw. Krautrock über New-Age bis hin zu Pagan-Metal. Ich hatte eine Menge Plattencover im Original mitgebracht, die eifrig fotografiert wurden.

Jürgen Lautner zeigte dann in bekannt gekonnter Weise einen Jahresrückblick über die Cons 2011. Marc hatte sich investigativ mit der Geschichte des sagenumwobenen fannischen Kultgetränk „Vurguzz“ beschäftigt. Die Geschichte muss definitiv umgeschrieben werden!

Eckhard D. Marwitz (kurz EDM) präsentierte sein Projekt ConFact. Seit fast 20 Jahren gibt es auf fast allen Cons seinen Stand und Fan und Fannin können ad hoc ihre Con-Erlebnisse in die Maschine tippen. Sind zwei Seiten voll, wird das Mini-Fanzine live vor Ort ausgedruckt und ausgelegt. Nun sollen alle Ausgaben – es sind deren über 100 – in einem Heft ergänzt um Fotos und Con-Berichte zusammengefasst werden. Ein ehrgeiziges Projekt, fehlen doch bereits einige Ausgaben und haben sich viele nur unter Pseudonym getraut, etwas zu schreiben.

Dann gab es aber doch ein Feierabendbier und danach verließen die Fremdschläfer das Haus, während die anderen sich auf ihre Herbergszimmer begaben.

Das Bett bzw. die Matratze war überraschend gut – ebenso wie das frühe Frühstück. Nur bis 9:00 Uhr!

Der zweite Con-Tag begann für mich mit einem sehr guten Vortrag. Prof. Dr. Hochscherf referierte über den englischen Film und die deutschen Einflüsse (British Science Fiction Film and Television: Critical Essays (Critical Explorations in Science Fiction and Fantasy)). Man stelle sich aber bitte nicht einen älteren Herren mit Rauschebart vor, sondern einen jungen dynamischen Entertainer, der über beachtliche Kenntnisse verfügt. Mit vielen kleinen Filmen und voller Begeisterung brachte der dem Auditorium das Thema spannend nahe. Nach dem Vortrag wurde noch eifrig gefragt und diskutiert. Wirklich eine Bereicherung für den Con!

Dann begannen für mich schon die Vorbereitungen für die DSFP-Preisverleihung. Schnell aufs Zimmer und Anzug anziehen. Dann alle Komponenten für die Verleihung zusammensuchen: Medaillen, Schecks, Urkunden und Laudatios. Wir hatten uns kurzfristig auf die Rollenverteilung geeinigt. Ich sollte den Vortänzer machen und EDM und Stefan (aus München…) sollten die Laudatios (oder laudationes(?)) verlesen. Eine kurze Absprache mit Jürgen Lautner, der eine wirklich tolle Präsentation erstellt hat, klappte zur allgemeinen Erheiterung nicht so ganz. Wie Jürgen später bemerkte, sei sein Alzheimerradius nun schon drei Tage. Langer Rede kurzer Sinn: die Kurzgeschichten-Gewinnerin Heidrun Jänchen (In der Freihandelszone. In: EMOTIO Emotio) durfte sich wieder hinsetzen, weil noch ein paar Folien kamen. Gewinner in der Kategorie war Karsten Kruschel mit: „Galdäa  Der ungeschlagene Krieg“ Galdäa – Der ungeschlagene Krieg ().

Aber wir sind noch lernfähig und irgendwann sind wir richtig gut!

Stefan und ich erläuterten auf Basis unserer Aufzeichnungen, wie unsere Bewertungen aussahen. Also alles rein subjektiv.

Daraufhin lasen die beiden Gewinner. Karsten Kruschel den Beginn eines noch nicht veröffentlichen Romans. Da Heidrun neben ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin und Herausgeberin auch noch die Lektorin von Karsten ist, kamen die Zuhörer noch in den Genuss einiger launiger Anmerkungen. Wir wissen nun, dass Heidrun an einigen Stellen „Hrmpf“ anmerkt und Karsten dann korrigieren darf oder die Passage gleich entfernt. Heidrun streicht manchmal ganze Kapitel.

Die Abendshow verpasste ich fast zur Gänze. Jürgen Lautner überzog seinen „Steampunk“-Vortrag, weil es eine angeregte Diskussion gab und das Balkanrestaurant, das wir anschließend aufsuchten, brauchte etwas länger mit servieren und abrechnen.

Meinen anschließenden Vortrag über die Ökonomie in der SF überzog ich ebenfalls wieder einmal. Aber das zahlreiche Publikum wollte auch etwas sagen.

Dann aber kam es. EDM sprach über SF und Porno. So der Titel seines Panels. Am Beispiel zweier Geschichten, die im Harry Potter-Universum spielen, erläuterte er das Thema. Ich habe noch keinen Potter gelesen und kann es nun wahrscheinlich auch nicht mehr. Die Bilder der Geschichten würden mir nicht aus dem Kopf gehen. Zaubersprüche wie „Duro!“ und „Nudo!“ spuken nun in meinem Hirn. Und nicht nur mir, wir die anschließende Diskussion beim Feierabendbier lauthals zeigte. Wir verschreckten damit das diensthabende Personal zur Gänze.

Am nächsten Morgen hieß es wieder pünktlich aufzustehen. Nicht nur, um an den Futtertrögen der Herberge Brötchen und Kaffee zu bekommen, ohne Schlange stehen zu müssen. Nein! Die letzten Vorbereitungen zur Mitgliederversammlung mussten getroffen werden. Tagesordnungen auslegen, Protokoll-Vorlage aufrufen, USB-Sticks mit Bildern suchen. Und so weiter und so fort.

Die Versammlung verlief aber komplett harmonisch und es gab gute Beschlüsse. Auch dank dem Leiter Ralf Bodemann. Ich konnte ungeprobt und mit nur einem kleinen Verhaspler den Email-Bericht des 1. Vorsitzenden verlesen. Aber das Beste war: Mit genau drei Stunden Dauer sind wir nur ganz knapp am Rekord für die kürzeste MV vorbei geschrammt.

Dann hieß es auch schon Abschied nehmen. Viele hatten ja noch lange Wege vor sich. Für mich hieß es: Alles wieder ins Auto packen. Irgendetwas kam mir zwar komisch vor bei der Abfahrt, ich wusste aber nicht was. Im Stau vor dem Elbtunnel habe ich dann realisiert, warum ich so ein komisches Gefühl hatte: Ich hatte die Kartons mit den Büchern und Schallplatten vergessen! Da ich aber schon zeitlich die Hälfte der Strecke überwunden hatte, entschloss ich mich, weiterzufahren. Die Veranstalter würden die Kartons schon bergen.

Ein Anruf bei Marc am nächsten Tag trieb mir den Schweiß auf die Stirn. Die Veranstalter hatten nichts gefunden. Aber das Personal der JH hatte die Kartons zur Seite gestellt und Marc hatte sie dann dort abholen können. Wir müssen nur noch sehen, wir sie zu mir kommen.

Was bleibt zu sagen?

Man mag die Kiel als Stadt bewerten wie man möchte, der ich hatte eine angenehme Zeit auf dem Con. Gut gefüllte Vorträge, gut gelaunte Menschen, gute Gespräche und viele Albereien. Die Zeit verging wie im Flug.

Die Organisatoren hatten sich im Vorfeld viel Arbeit gemacht und haben auf dem Con immer alles unter Kontrolle gehabt. Was will man mehr?

Herzlichen Dank an die Organisatoren Marc und Anissa!

Von Ralf

5 Gedanke zu “Urlaubscon und Meer – Der SFCD-Jahrescon in Kiel”
  1. Sieht ja so aus, als seist du noch mehr überlastet gewesen, als ich den eindruck hatte. Ich denke, dass wir jedoch bei unseren vorhaben in richtung auf WeltCon und EuroCon 2014 alle zusammen eine menge zu tun haben werden. Da hast du dann ja schon geübt.
    Da Hermine sagt „Es ist alles ganz natürlich!“, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass du probleme damit haben könntest, die bücher zu lesen. Zu empfehlen ist es allemal, dieweil J.K. Rowling diese allgemein
    als fantasy gesehenen sieben bände so schreibt, als seien sie SF.

  2. Danke für den Kommentar. Vielleicht beginne ich doch noch mit HP. Habe übrigens schon die Filme gesehehn. Ich glaube, ich habe den ersten Band noch als Hörbuch (irgendwo).

  3. Lieber Ralf,

    du warst angesichts deines Arbeitspensums unglaublich tapfer und bist nach meiner „Keksrettung“ für mich ohnehin der Held des Kiel-Wochenendes. 😉 Harry Potter kannst du – im Original – getrost lesen: Ich verspreche dir, dass Formeln wie „Erecto!“ darin garantiert nicht vorkommen. Wobei die Geschichten und insbesondere Hermine und Harry für mich nie mehr dieselben sein werden …

    Phantastische Grüße

    Simone

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