Am 5. November 2011 hatte ich die Gelegenheit, mit meiner Frau Anke die Villa Fantastica zu besuchen. Ein Kurztrip nach Wien war schon länger geplant und so fand sich ein Termin für ein verlängertes Wochenende an die schöne Donau-Metropole. Wien war schon früh eines der Zentren des phantastischen Fandoms im deutschsprachigen Raum.

Da der Flieger schon am 04.11. frühmorgens ab Hannover startete, hatten wir uns schon einen Tag zuvor in Nähe des Flughafens einquartiert. Der Flug über die Wolken war entspannt, ebenso wie der doch recht weite Weg vom Wiener Flughafen bis ins Zentrum der Stadt. Wir waren schon gespannt auf das Hotel, das an der Grenze vom 15. Bezirk zum 6. Bezirk gelegen ist. Denn es sollte laut Beschreibung, alten Wiener Charme versprühen und dennoch auf das Neuste renoviert worden sein. Schon die Begrüßung dort war herzlich und das Hotelzimmer wirklich gemütlich mit alten Möbeln eingerichtet. Die Inhaber hatten nicht übertrieben. Das ganze Gebäude hatte das Flair des 19. Jahrhunderts gepaart mit moderner Technik.

Für den Sonnabend hatte ich uns vorab per Mail bei der „Villa Fantastica“ angemeldet. Nach einer kurzen Fahrt mit den gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsmitteln kamen wir schnell zur Haltestelle „Hietzinger Hauptstrasse“ und von dort war es nur noch ein kurzer Fußweg bis zur Eitelbergergasse. Schloss und Park Schönbrunn liegen ganz in der Nähe und für den Montag hatten wir einen Besuch des Zoos schon fest eingeplant. Aber das ist eine andere Geschichte…

Doch nun wollten wir Bücher sehen! Der erste Eindruck war schon umwerfend. Die Villa Fantastica residiert wirklich in einem schönen Gebäude! Ein Messingschild zeigte uns, das wir hier richtig waren. Hinter dem Tor wartete schon Werner Losert auf uns und nach einer kurzen herzlichen Begrüßung betraten wir die Bibliothek. Hier trafen wir auch Hans Langsteiner.

Schon das Entree ist sehenswert. Im Eingangsbereich gibt es gleich einen Tresen. Hier kommen die neuen Werke an, die katalogisiert werden und auch die Ausleihe findet dort statt. Denn, wer in Wien oder der näheren Umgebung wohnt oder arbeitet, kann kostenlos und ohne Kaution mehrere Werke für einen Monat ausleihen. Aber man muss schon persönlich vorbei kommen, denn Bücher werden nicht verschickt. Der SFCD unterstützt die Ausleihe hier mit einem eigens designten Lesezeichen, auf dem die Zahl der Bücher und die Ausleihdauer vermerkt werden.

Garderobe und Schließfächer sind ebenfalls für die Besucher vorhanden. Ein Regal mit Neuerscheinungen macht gleich schon vorne neugierig, auch aktuelle Fanzine liegen in der Auslage. Der SFCD versorgt die Villa mit jeweils den aktuellen ANDROMEDA NACHRICHTEN und ANDROMEDA SF MAGAZINEN.

Die „Villa Fantastica“ hat in ihrer Funktion als Bibliothek die Science Fiction in all ihren Varianten als Schwerpunkt. Aber nicht nur deutschsprachige Ausgaben finden sind, sondern auch englische. Österreichische Autoren sind noch einmal besonders gekennzeichnet und so einfacher zu finden. Der Träger ist die Science Fiction Förderstiftung. Sie ist Sponsor des jährlich vom »Science Fiction Club Deutschland e.V.« vergebenen Preises in den beiden Kategorien »Bester Roman« und »Beste Kurzgeschichte«.

Romane und Collections sind nach Autoren alphabetisch sortiert und von jeder Ausgabe gibt es zwei Exemplare in den Regalen, danach finden sich die Anthologien und Magazine.

Die Villa Fantastica verfügt über 4 Stockwerke, die mit einem Lift verbunden sind. Das erste Geschoß ist bereits komplett mit Regalen (und Büchern) ausgestattet. Der Bestand erreicht Ende 2011 ca. 40.000 Exemplare, davon sind bereits ca. 25.000 in der Datenbank erfasst. Eine Arbeit, die bereits eineinhalb Jahren vor der Eröffnung für das Publikum Anfang Oktober 2011 begonnen worden ist.

Wie Helmuth Mommers, der Initiator und Leiter, verrät, sollen am Ende des Ausbaus 150.000 Bände in den Regalen ein Zuhause finden. Um von vornherein alles zu bedenken, hatte er bereits 2009 die „Phantastische Bibliothek Wetzlar“ besucht, um sich dort von Thomas LeBlanc Tipps zu holen, wie dieses anspruchsvolle Projekt in Wien realisiert werden kann. Dieser Aufwand hat sich auf alle Fälle gelohnt!

Im ersten Geschoß finden sich zuerst die SF-Bücher und Anthologien. Dann gibt es Platz für die Fantasy. Und dahinter kommt ein Bereich, der das Herz alle SF-Leser höher schlagen lässt: die Regale mit den englischen Ausgaben. Hier warten ehrwürdige Pulp-Magazine wie „Thrilling Wonder Stories“ auf den Leser. Ja. Man kann diese Magazine anfassen und lesen. Sie sind übrigens die einzige Literatur, die in Kunststoffhüllen stecken. Im Obergeschoß befindet sich schon ein Raum mit allen Heftreihen und -serien in Sammelmappen sortiert.

Leser, die sich intensiver mit einem Werk befassen möchte, werden eine Vielzahl von Arbeitsplätzen oder Leseinseln geboten. Damit die Bücher nach der Lektüre auch wieder an die richtige Stelle kommen, gibt es spezielle Platzhalter, die das Einsortieren erleichtern.

So ist die „Villa Fantastica“ bereits heute für alle kommenden Aufgaben vorbereitet. Denn Zielrichtung ist es, sie von der in der Entstehung befindlichen Bibliothek über eine Mediathek zum vollwertigen Museum auszubauen.

Die „Villa Fantastica“ ist ein wirklich imposantes Projekt, das ohne Subventionen auskommt. Wir konnten uns schon überzeugen, wie der Stand der Planung und Umsetzung ist. Im Dachgeschoß soll es zum Beispiel einen Clubraum geben, der die Möglichkeit für Vorträge bietet. Auch Filme sollen hier gezeigt werden.
Man spürt an jeder Stelle, dass die Verantwortlichen Bücher und SF-Literatur im Speziellen lieben und sich viele Gedanken über Planung und Ausführung gemacht haben. Gerade die Details bei der Präsentation der Bücher und der gesamten Einrichtung sprechen hier für sich.

Der Bibliothek sind viele Besucher zu wünschen, die sich für die phantastische Literatur interessieren. Das Team um Helmuth Mommers steht dem Besucher kompetent und freundlich mit Rat und Tat zur Seite. Wien hat mit der „Villa Fantastica“ für den SF-Fan ein neues interessantes Besuchsziel!

http://www.villafantastica.com/

VILLA FANTASTICA
Bibliothek der fantastischen Literatur
Eitelbergergasse 24
A 1130 Wien

Öffnungszeiten:

Montag geschlossen
Dienstag 14:00-18:30
Mittwoch 10:00-13:00
Donnerstag 14:00-18:30
Freitag geschlossen
Samstag 10:00-14:00
Sonn- & Feiertage geschlossen

Die Öffnungszeiten können sich saisonal bedingt ändern; bitte auf der Homepage vor der Anreise vergewissern. Betriebsferien: Im Laufe August 2 Wochen. Zu Ostern und Weihnachten werden die Feiertage überbrückt.

Aktuelle Informationen auf der Homepage: http://www.villafantastica.com/

Wer teilhaben möchte an diesem Projekt, kann sich vielfältig einbringen:

1. Als Spender von Sammlungen
Schon zu Lebzeiten können Sammlungen oder Teile davon gestiftet werden. Einfach die Villa anschreiben und schildern was die Sammlung beinhaltet: Genre, ungefähre Anzahl Exemplare, aus welchen Jahrzehnten, Reihen oder Serien, etwaige Besonderheiten.

2. Als Spender von Geldmitteln

3. Als Spender posthum von Sammlungen und/oder Vermögen
Wer sich zu Lebzeiten nicht von seiner Sammlung trennen möchte, kann diese der Villa testamentarisch.

4. Als ehrenamtlicher Mitarbeiter

5. Als Sponsor aus dem Verlagswesen
Bereits heute unterstützt eine ganze Reihe von Verlagen das Vorhaben mit Freiexemplaren.

Von Ralf

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