lubbadeh-jens-unsterblichUnsterblich von Jens Lubbadeh. Heyne 2016. 448 Seiten. ISBN: 978-3453317314


Im Jahr 2044 ist es gelungen, die Toten wieder auferstehen zu lassen. Zu mindestens einen vorher gespeicherten Avatar. Die Firma Immortal hat ein Aufzeichnungssystem entwickelt und die Möglichkeit, dass die lebenden Menschen mittels eines Implantats diese Avatare auch wahrnehmen können. In einer „Blended Reality“ können nun lebende Menschen und die Reinkarnationen der Verstorbenen miteinander interagieren. Das bedeutet aber, dass nur die Menschen die Avatare sehen, diese aber nicht von Kameras abgelichtet werden können. Die Avatare haben auch nicht die Fähigkeit, sich weiter zu entwickeln, sondern bleiben auf dem Stand, den sie beim Eintritt des Todes hatten. Michael Jackson kann zwar neue Alben aufnehmen, diese enthalten aber nicht wirklich neue Ideen. Altgediente Politiker wie Helmut Schmidt und JFK regieren wieder ihre Nationen und viele Künstler leben nun ewig weiter. Der Tod wird ausgeblendet. Die Avatare sind programmiert, dieses Thema zu vermeiden.

Doch ein Verbrechen scheint das ewige Leben von Marlene Dietrich beendet zu haben, was ja eigentlich unmöglich wähnt, denn die Avatare sind ja nur Projektionen mächtiger Programme.

Die Versicherungsgesellschaft Fidelity setzt einen ihrer Angestellten, Benjamin Kari, auf diesen Fall an. Benjamin lebt alleine ohne großen sozialen Kontakte. Seine Frau lebt als Avatar weiter, will aber nicht von ihm wissen. Darum hat er durchaus eine eigene Meinung zu dieser Technologie, die der von Immortal, dem Mutterkonzern seiner Firma nicht gerade konform ist.

Er macht sich an die Arbeit und stellt einige Ungereimtheiten bzw. seltsame Begebenheiten im Umfeld der Dietrich fest. Sie hielt sich gerne in einem Lokal auf und hatte dort einen Stammplatz. In den Aufnahmen der Überwachungskamera sieht Benjamin nur das Weinglas vor ihrem Platz, das rein aus sentimentalen Gründen bestellt worden ist, denn Avatare benötigen – natürlich – keine Nahrung. Dort trifft sie sich mit dem noch lebenden Lars von Trier und er kann sie kurzzeitig sehen, was über eine Kamera ja nicht möglich ist.

Dann beginnt eine actiongeladene Flucht oder auch Verfolgungsjagd – je nach Sichtweise – , bei der Benjamin auf die Journalistin Eva Lombard trifft und mit ihr gemeinsam das Rätsel um Marlene Dietrich lösen möchte. Eine im wahrsten Sinne heiße Spur führt in die Glutwüste des Death Valley, wo sie in eine zentrale Schaltstelle eindringen können. Doch nicht alle haben Interesse an der Auflösung des Falles und so werden sie von ehemaligen Soldaten verfolgt.

Der Autor weiß seine Charaktere und das Umfeld, in denen sie agieren, sehr gut zu schildern, wo die Action bisweilen der inneren Logik den Rang abläuft.

Diese zukünftige Gesellschaft ist gar nicht so weit von der unseren entfernt und hat sich nur wenig weiterentwickelt. Große Konzerne haben viel Macht aufgebaut. Die Menschen verkaufen ihr Leben an diese Firmen und lassen Unmengen an Daten sammeln, die über Tracker in das System eingespeist werden.

Der Roman ist ein Krimi. Ein „Mord“ geschieht und soll aufgeklärt werden. Der Autor bringt Benjamin und damit auch den Leser auf falsche Fährten und Action soll Spannung erzeugen, was meist auch gelingt.

Der Roman hat einen klaren und flüssig zu lesenden Stil, ohne ins Triviale abzurutschen. Einige Anspielungen auf z.B. Blade Runner sind allerdings zu wenig subtil und offensichtlich, was den Lesefluss stört. Aktuelle Themen wie das obsessive Sammeln von Daten und deren Vermarktung werden gut in dieser zukünftigen Welt thematisiert.

Der Plot ist nicht völlig neu, wird aber mit einigen guten Ideen und vor allem spannend umgesetzt. Damit ist der Roman durchaus lesenswert und zu empfehlen, wenn auch mit einigen wenigen Abstrichen.

Von Ralf

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