Andreas Eschbach - Ein König für Deutschland
Andreas Eschbach - Ein König für Deutschland

Vincent Merrit ist ein fähiger Computer-Programmierer in den USA, der schon einmal wegen eines Programms, das Kreditkartennummern ausspionieren konnte, im Gefängnis gesessen hat und dort einige negative Erfahrungen mit einer Fast-Vergewaltigung gemacht hat. Das Programm hatte er aber nicht in der Absicht einer kriminellen Handlung geschrieben, sondern ein Bekannter hatte es dafür missbraucht.

Er heuert dann bei der kleinen Software-Firma SIT an, die von Consuela Sanchez geführt wird. Hier lernt er den konservativen Abgeordneten Frank Hill kennen, der der Firma den Auftrag gibt, ein Programm zu schreiben, dass die in den Vereinigten Staaten benutzen Wahlcomputer manipulieren kann. Es soll nicht eingesetzt werden, sondern nur die Möglichkeiten aufzeigen bzw. eine Manipulation des politischen Gegners verhindern.



Vincent liefert dieses Programm ab. Über ein Tastenkombination kann es einen Kandidaten zum knappen Sieger machen, wobei die Manipulation so gering ist und so stimmig, dass die nicht weiter auffallen sollte.

Schließlich kommt es in den USA am 7.11.2000 zur Präsidentschaftswahl. George W. Bush kann einen knappen Sieg erringen, nachdem es in einigen Bundesstaaten zu einem Hin-und Her bei der Auszählung der Stimmen gekommen ist. Die Stimmen werden nachgezählt und die Wahl wird vom Supreme Court mit 5 zu 4 Stimmen für gültig erklärt und Bush zum endgültigen Sieger.

Die Software-Firma bekommt nun eine Reihe von Staatsaufträgen und entwickelt sich positiv. Der Sizilianer Benito Zantini wird zum Geliebten der Chefin. Er verblüfft alle mit seinen Zaubertricks, vor allem das er Menschen, die etwas vor ihm versteckt haben, zielgerichtet zu eben diesen Versteck führen kann. Zantini mischt sich in die Geschicke der Firma ein. Er hat vom Wahlmanipulationsprogramm erfahren und will dies zu Geld machen, indem er die nächste Präsidentschaftswahl an den Meistbietenden verkauft. Vincent hat damit moralische Probleme, wird aber vom Zauberer unter Druck gesetzt. Er weiß sich nur zu helfen indem er den illegalen Einwanderer bei der Heimatschutzbehörde anschwärzt und diesen dadurch los wird.

Doch Zantini kommt wieder zurück und bedroht Vincent. Er soll die Software neu angeschaffter Wahlcomputer manipulieren. Dieser kann aus seinem Haus durch einen Geheimgang fliehen, ein Auto in der Nachbarschaft stehlen und sich der Gewalt des Sizilianers entziehen.

Die Sicht des Romans schwenkt nach Deutschland. Hier lebt im Schwäbischen der geschiedene Lehrer Simon König. Er hat mit einiger seiner Kollegen Schwierigkeiten, lebt aber sonst ein monotones Dasein. Seine Frau hat ihn verlassen, weil er bei einem Seitensprung in den USA einen Sohn gezeugt hat. Genau: Vincent Merrit. Er hat wenig Kontakt zu ihm gehabt und bekommt nun von seinem Sohn eine CD mit dem Wahlmanipulationsprogramm zugesandt, die er verstecken soll.

Simon König macht sich in seiner Freizeit viele Gedanken, zum Beispiel über das Bildungssystem. Es hält Bildung für das Wichtigste, wofür ein Staat Geld ausgeben soll. Doch die Realität ist anders. Es reicht nicht einmal, das marode Dach seiner Schule zu dichten.

Vincent nimmt Kontakt mit Sirona auf. Sie ist ebenfalls Computerspezialistin und die beiden kennen sich über das Internet. Sirona soll nun persönlichen Kontakt zu seinem Vater aufnehmen und die CD an sich nehmen. Mit einem Trick kann Simon König ihr entkommen.

Der Zauberer konnte die Adresse bereits ausfindig machen und mit seiner Fähigkeit, Verstecke aufzuspüren, kann dieser die CD in seinem Besitz bringen.

Sirona ist Gamerin und spielt auch Alternate-Reality-Games. Dies sind fiktive Welten, die aber in die echte Wirklichkeit nahtlos eingebunden sind und als Rollenspiel in echten Kulissen gespielt werden. Ihr Bekannter Alex ist Organisator solcher Events und verdient gutes Geld damit. Alex und seine Freunde, meist aus der Computer-Szene kümmern sich nun auf Initiative von Sirona um Simon König und wollen Vincent helfen.

Vincent nun wendet sich an einen ehemaligen Liebhaber seiner Mutter, der Anwalt ist. Dieser muss ihm die bestürzende Wahrheit klarmachen, dass er sich nicht wegen der Manipulation von Wahlcomputern an die Öffentlichkeit wenden kann, denn mit seiner Haftstrafe für den Kreditkarten-Hack, mit dem Autodiebstahl und Programm hat er drei Straftaten begangen und nach der Three-Strikes-Regel kann dies für ihn eine lebenslange Haftstrafe bedeuten. Also stellt er sich und bekennt sich nur des Autodiebstahls schuldig. Hierfür bekommt er eine Haftstrafe, die er in einem privat geführten Gefängnis verbüßen muss.

In Deutschland kommt es zur Hessenwahl, die eigentlich schon im Voraus klar entschieden zu sein schien und doch anders ausgeht als die Meisten vorher gesagt haben. Nun wächst in Simon König der Verdacht, dass Zantini mit Hilfe der gestohlenen CD die Wahl manipuliert haben könnte und dies quasi als Test für die anstehende Bundestagswahl.

Alex und seine Freunde beschäftigen sich mit diesen Manipulationsvorwürfen. Es ist nicht klar, ob das Programm von Vincent manipulierend in die Wahl eingegriffen hat oder ob es Volkes freier Wille gewesen ist und ob es eine Gefährdung der Bundestagswahl geben wird. Vincent hat aber immer die Angewohnheit, eine Signatur in seine Programme zu bauen. Sollte es eine Partei mit dem Kürzel VWM geben, so wird diese 95% aller Stimmen bekommen. Damit würde es ein Mittel geben, um festzustellen, ob die Wahl manipuliert worden ist oder nicht.

Also wird beschlossen, eine Partei dieses Namens zu gründen: Die VWM – Volkspartei zur Wiedereinführung der Monarchie. Alex schreibt alle Rollenspieler in seiner Adressdatei an und kann so die notwendigen Mitglieder gewinnen. Er stellt die Partei als neues Alternate-Reality-Game dar. Die Partei wird zur Wahl zugelassen.

Simon Königs Ex-Frau, die als Chefredakteurin für mehrere Magazine arbeitet entdeckt diese neue Partei und schickt einen Reporter und Bild-Team zu ihm. Durch die Veröffentlichung wird ein Medienrummel aufgebaut, die eigentlich von den Parteigründern so nicht geplant war. Alex drängt Simon dazu, dies weiter auszubauen und schließlich wächst Simon König wirklich in die Rolle des Kandidaten, der König werden will, hinein. Ein Industrieller stellt ein Schloss zur Verfügung und viele Rollenspieler bevölkern nun als Hofstaat das neue Gebäude.

Vincent schafft es sich im Gefängnis einzuleben. Er wird vom Direktor zur Hilfe bei Computerproblemen gerufen und manipuliert den Rechner, um möglichst häufig an den Computer zu kommen.

Am Tag der Wahl geht die neue Partei als absoluter Sieger hervor. Mit einer Zweidrittel-Mehrheit ziehen nun die Rollenspieler in den Bundestag ein. Alex wird Bundeskanzler und Simon König soll gekrönt werden. Doch im letzten Moment im Dom zu Aachen verweigert er die Krönung …

Andreas Eschbach versteht wieder einmal, eine spannende Geschichte zu erzählen. Ich war mir nicht im Klaren, ob die Idee der Wahlmanipulation einen Roman füllen konnte und war angenehm überrascht. Der Roman erscheint zum Einen als eine Art Tatsachenbericht. Dies wird durch eine Vielzahl von Fußnoten, die Sachverhalte erklären und Links auf Internetseiten zitieren, hervorgerufen. Andererseits ist er auch der typische Eschbachsche Actionroman mit Verfolgungsjagden, Leichen und Verschwörungstheorien.

Realität und Fiktion gehen ineinander über. In einem Dialog zwischen Simon und Alex wird dies auch für die Romanwelt infrage gestellt. „Ich meine, irgendwann können die vielleicht gar nicht mehr zwischen Realität und Spiel unterscheiden.“ Alex lächelte philosophisch. „Sind Sie sicher, dass es da überhaupt einen Unterschied gibt ?“ (Seite 252)

Die Zitate und Internetlinks verweisen auf existierende Seiten. Doch sind die wirklich echt oder nachträglich ins Netz gestellt worden. Im Roman gibt es den Hinweis, dass es eine amtliche Anweisung gebe, dass Wahlbeobachter (vor allem des Chaos Computer Clubs) die Wahl nicht beeinträchtigten dürften. Der Link in Fußnote zeigt ein verschwommenes Fotos eine Handy-Kamera eben eines solchen Schreibens.

Auf Seite 34 gibt es eine Fußnote (http://www.buzzflash.com/alerts/04/12/images/CC_Affidavit_120604.pdf) Dies ist eine eidesstattliche Erklärung, die ein Clint Curtis abgibt, der als Programmierer bei eine Firma beschäftigt gewesen ist, die von einem Vertreter der Politik besucht worden ist und den Auftrag bekommen hat, einen Prototyp zur Manipulation von Wahlmaschinen herzustellen.

Der Chaos Computer Club hat in enger Kooperation mit der niederländischen Kampagne „Wir vertrauen Wahlcomputern nicht“ (wijvertrouwenstemcomputersniet.nl) Wahlcomputer der Firma Nedap auf Schwachstellen untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden am 5. Oktober 2006 publiziert. Sie zeigen eine grundsätzliche Nichteignung von Computersystemen für Wahlen. Der CCC fordert daher ein vollständiges Verbot von Wahlcomputern für Bundes-, Landtags- und Kommunalwahlen. (Quelle: http://www.ccc.de/wahlcomputer/)

Dies ist das spannende an diesem Roman. Was ist spekulativ, was ist wirklich geschehen, was ist möglich.

Doch wirkt der gesamte Roman wie ein Computerprogramm. Es gibt Unterprogramme, es werden Fähigkeiten beschrieben, die später wichtig werden. Es gibt sogar ein „Programm-Kapite“ 41 auf den Seiten 373 ff. Auf dieser Seite ist zu lesen „Wenn Sie für die CDU stimmen wollen, lesen Sie bitte weiter auf Seite 375. Wenn Sie für die SPD stimmen wollen, lesen Sie bitte weiter auf Seite 376 …) Dies liest sich wie die Anweisungen für ein Rollenspiel.

Das Buch ist sehr fundiert. Eschbach erläutert, wie die Partei VWM auf der Basis des Rechtsstaats ein Programm zur Einführung der Monarchie veröffentlicht.

Dabei hat er eine gewisse Leichtigkeit und einen großen Unterhaltungswert. Es macht Spaß ihn zu lesen und sich auf die Gedankenspiele einzulassen. Nebenbei erfährt man noch etwas über Zauberei, Psychologie und Computertechnik.

Im Nachwort geht Andreas Eschbach mit alle streng ins Gericht, die meinen, wenn man Vista optimieren kann oder ein Programm zum Laufen bringt, Ahnung von Computern zu haben. Nur wer programmieren kann, kann erkennen, was mit Rechnern alles gemacht werden kann.

Und er ist gegen Wahlcomputer und Verfechter der klassischen Stimmenabgabe mit Schreiber auf Papier …


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Von Ralf

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